Die vorletzte Etappe durch die Vogesen steht an – heute über den Kleinen und morgen über den Großen Belchen. Das Etappenprofil jeweils weitgehend identisch, einmal hoch und wieder runter. Das Wetter für die nächsten zwei Tage ist stabil vorhergesagt, etwas bewölkt und nicht zu warm. Also ideal um diese letzten beiden Wandertage nochmal zu genießen. Frühstück gibt’s keins, ein paar Riegel unterwegs müssen reichen und vielleicht hab‘ ich ja Glück und bekomme heute etwas zu Essen in einer der Ferme-Auberges, an denen ich vorbeikommen werde.

Zunächst einmal geht es runter nach Muhlbach-sur-Munster, an der Kirche vorbei und dann weiter in den Nachbarort nach Metzeral. Eigentlich hätte ich den Teil auch noch an meine gestrige Etappe dranhängen können, aber irgendwie bin ich in meiner Planung in Muhlbach-sur-Munster als Etappenort hängengeblieben, also lauf ich das Stück halt heute zum Etappenstart. Hinter Metzeral beginnt der Aufstieg über die Gemarkung Lenzenmiss und Oberheiden. Immer wieder ergeben sich im Anstieg durch den Wald schöne Ausblicke ins Tal nach Metzeral und Sondernach. Am Brobachrucken velasse ich den Mischwald und gehe weiter Richtung Rothenbrunnen. Hier erreiche ich die erste Ferme-Auberge, aber es ist noch vor 12 Uhr und einmal mehr gibt’s noch nix zu Essen hier. Das verwundert mich nicht, aber nach dem anstrengenden Aufstieg habe ich wenigstens auf einen Kaffee, ein Stück Kuchen oder wenigstens ein Glas Wasser gehofft. Die anwesenden Bediensteten vertrösten mich jedoch und raten mir, ich solle doch in 1 1/2 Stunden wieder vorbeikommen. Da ich keine Rundwanderung geplant habe ist der Ratschlag eher unbrauchbar, und so setze ich meinen Weg fort und gelange nach kurzer Zeit zum „Col du Petit Ballon“, dem Parkplatz an der Passhöhe auf 1.163 m ü. M. Von hier sind es noch etwa 600 Meter und etwas mehr als 100 Höhenmeter bis zum Gipfel des Petit Ballon. Der Aufstieg von hier erfolgt exponiert oberhalb der Baumgrenze über den flach gewölbten Bergrücken und der Wind pfeift mir hier ziemlich um die Ohren. Also muss die Windjacke her für das letzte Stück des Aufstiegs. Am Gipfel selbst bleibt es windig, aber die Aussicht zum gestern passierten Col de la Schlucht am Vogesenhauptkamm, in die Rheinebene und nach Süden zum Großen Belchen lässt dies in den Hintergrund treten. Dennoch ist es heute eher diesig und die Aussicht gerade Richtung Rheinebene müsste an richtig guten Tagen sicher noch deutlich besser sein. Ich bin hier auf Höhe Freiburg im Breisgau, aber so weit reicht der Ausblick heute leider nicht.

Auf dem Abstieg vom Petit Ballon sind dennoch immer wieder schöne Ausblicke Richtung Wasserbourg und Munstertal zu genießen und zu meinem Glück bemerke ich bei meinem Abstieg über den Strohberg, dass die dortige Ferme-Auberge geöffnet hat. Also kehre ich ein und bestelle neben der Tagessuppe die Käseplatte mit Roïgabrageldi und Salat. Zum Nachtisch gibt’s dann noch die hiesige Spezialität aus dem Munstertal: Siasskas au Kirsch (unbedingt probieren) und dazu einen Espresso. So fühle ich mich gerade wie Gott in Frankreich und freue mich, dass es doch noch geklappt hat mit einer Einkehr auf der Wanderung. Zum Glück geht es von der Ferme-Auberge Strohberg nur noch sanft bergab auf relativ breiten und gut begehbaren Waldwegen, denn der Kirsch hat’s schon in sich! Schließlich komme ich doch unfallfrei im Tal an, wo ich in Lautenbach eine private Unterkunft gefunden habe, in der ich die Nacht verbringen kann. Per Mail habe ich einen Code bekommen, mit dem ich vor der Haustüre ein Kästchen öffnen kann, in dem sich der Haustürschlüssel befindet. Spannend! Nach dem üppigen Mahl auf dem Berg brauch ich hier gar kein Abendessen mehr, dafür gibt’s in der Unterkunft einen Whirlpool und das ist jetzt genau das richtige vor meiner morgigen Abschlussetappe.