Sentier des Vosges Etappe 4: La Petite Finlande in Orbey nach Muhlbach-sur-Munster
Mittwoch, 24.05.2023
Am frühen Morgen stehe ich auf und verabschiede mich von meinen vierbeinigen Freunden im „La Petite Finlande“. Die Rentiere und die meisten Huskys schlafen noch. Die beiden Hunde die schon wach sind schauen mir nur verwundert nach als ich aufbreche, sind aber zu faul um aufzustehen. Über Carrefour des Hautes-Huttes und die Obere Riedmatt gelange ich zur Ferme Auberge Altenkraeh, die verlassen am Wegrand liegt. Von hier aus sind es nur noch ein paar Meter bis zum Lac du Forlet, der romantisch unterhalb des Soultzeren Eck liegt. Der Vogesenhauptkamm spiegelt sich im Wasser, da muss ich jetzt irgendwie hoch, um über den Kammweg zum Col de la Schlucht zu gelangen. Mein ursprünglich geplanter Weg sollte mich vom südwestlichen Ufer des Lac du Forlet nach oben zum Kammweg führen, endet aber in einer morastigen Wiese im Nichts. Nachdem ich ein paar Minuten gesucht habe gebe ich auf und widme mich Plan B: am südöstlichen Ende des Lac du Forlet geht ein Waldweg ab, der ebenfalls zum Vogesenhauptkamm führt. Dieser stellt sich als gut begehbar und ausgeschildert heraus und ist weniger anstrengend als gedacht. Am Tiefenbrunnen gelange ich auf eine präparierte Straße, ein Waldarbeiter ist hier mit seiner Motorsäge bei der Arbeit, interessiert sich aber nicht weiter für mich. Es geht weiter gemächlich aufwärts und schließlich erreiche ich den Parkplatz der Route des Crêtes am Vogesenhauptkamm auf 1.228 m ü. M. bei Lieu-dit Dreieck.
Ich befinde mich nun auf dem GR5 und laufe auf schönen Wegen durch den Wald zum letzten Gipfel vor dem Pass, dem 1.292 m hohen Le Tanet. Hier eröffnen sich schöne Ausblicke in die Karböden des Seestaettle und die kleineren Vogensengipfel Richtung Rheinebene. Auf der gegenüberliegenden Seite liegt Lothringen mit dem Département Vosges, aber der Weg führt weiter über den Vogesenkamm durch die Hochheide auf dem GR5. Der Wegrand wird von Heidelbeersträuchern gesäumt und nach einer Stunde erreiche ich mein Zwischenziel am Col de la Schlucht. Die Passhöhe selbst ist mir persönlich ein wenig zu touristisch überfrachtet, aber eine kurze Pause ist hier am Pass schon drin, um mich auf das Higlight meiner Vogesentour vorzubereiten: der drei Kilometer lange versicherte Bergsteig „Sentier des Roches“ wurde 1910 hier am Steilabsturz der östlichen Flanke des Vogesenkamms angelegt und führt über mit Drahtseilen, Eisengeländern, Leitern und Stegen gesichere Passagen zum Krappenfels auf einer Höhe von 980 Metern. Nachdem ich die ersten Meter auf dem Felsenpfad zurückgelegt habe ist das muntere Treiben von der Passhöhe schon nicht mehr zu vernehmen und ich konzentriere mich auf den vor mir liegenden Weg. Immer wieder eröffnen sich spektakuläre Ausblicke ins Munstertal, zum Hohneck oder zurück zum Col de la Schlucht und an einer Stelle ist der Weg direkt durch den Felsen geschlagen. Nach etwa 90 Minuten erreiche ich den Krappenfels und bin fast schon ein wenig enttäuscht, dass der spektakulärste Teil meiner Tour durch die Vogesen nun hinter mir liegt, aber dafür komme ich nun wieder zügiger voran.
Ich passiere die Auberge Marcairie du Frankenthal unterhalb des Col du Falimont und erreiche den Wintersportort Gaschney, der jetzt im Mai bei meinem Eintreffen nur von ein paar Mountainbikern frequentiert wird. Von hier aus geht es kontinuierlich bergab, denn mein Etappenziel liegt gerade mal noch auf 522 m ü. M. Der hinter Gaschney abgehende Wanderweg ist leider gesperrt, so dass ich zunächst einen Umweg auf der serpentinenartig verlaufenden Straße in Kauf nehmen muss. Diese ist zwar nicht sonderlich frequentiert, aber besonders erbaulich ist es trotzdem nicht und so bin ich froh, als ich wieder auf den parallel zur Straße verlaufenden Wanderweg treffe, der mich zur Ferme Auberge du Braunkopf führt. Nachdem ich seit den frühen Morgenstunden gewandert bin hege ich die Hoffnung auf eine Stärkung in der Herberge, werde aber erneut enttäuscht – auch hier hat die Küche bereits geschlossen und man kann mir höchstens einen Heidelbeerkuchen anbieten. Das selbstgemachte Fruchtsorbet, das ich dazu bestelle entschädigt ein wenig, aber so langsam frage ich mich schon, ob ich es auf meiner Vogesentour noch einmal schaffen werde, unterwegs etwas zu Essen zu bekommen – es bleibt spannend. Wenig später gehe ich die letzten Meter bergab zu meiner Unterkunft in Muhlbach-sur-Munster. Nach dem üblichen Programm mit Duschen, Lesen und Ausruhen besuche ich am Abend das hoteleigene Restaurant La Châtaigneraie, wo ich mir in meiner praktischen Funktionskleidung im Vergleich zu den anderen Restaurantbesuchern schon ein wenig „underdresed“ vorkomme, aber nachdem sich niemand daran zu stören scheint ist es mir schließlich auch egal und ich genieße nach der erneut entgangenen Mahlzeit in der Ferme Auberge zumindest am Abend wieder ein leckeres Menü.