Sardona-Welterbe-Weg Etappe 4: Weisstannen zur Sardonahütte SAC
Freitag, 12.08.2022
Nach einem kurzen Frühstück im Hotel Gemse in Weisstannen breche ich am frühen Morgen auf. Mir steht die vielleicht anspruchsvollste Etappe auf dem Sardona-Welterbe-Weg mit 1.800 Metern Aufstieg bevor. Dazu kommt die Wegsperrung zur Wasserfallarena Batöni wegen Reparaturarbeiten an einer Brücke, aber ich habe am Vorabend nochmal auf der Sardonahütte angerufen und dort wurde mir bestätigt, dass der ausgeschilderte Weg mit der Nummer 73 von Weisstannen zur Sardonahütte trotz der Reparaturarbeiten zu bewandern sei. Eine Umleitung ist auch gar nicht ausgeschildert und so habe ich wenig Alternativen, als ich nach wenigen Minuten im Oberdorf von Weisstannen das Hinweisschild über die Wegsperrung erblicke. Erneut bin ich alleine unterwegs und erneut habe ich herrlichstes Wanderwetter als ich mit dem Eintritt ins Lavtinatal auch das Jagdbanngebiet Graue Hörner betrete. 1911 wurden hier erstmals wieder freilebende Steinböcke ausgesetzt, meine Hoffnung auf Wildsichtung wird sich jedoch am heutigen Tag leider nicht erfüllen.
Der Weg führt mich stetig aufwärts am Gufelbach entlang ins Underlavtina Tal und schon bald höre ich das Motorengeräusch eines Helikopters, der in schnellem Flug an mir vorbei das Tal hinauf und kurze Zeit später wieder zurück Richtung Weisstannen fliegt. Immer wieder kann ich den Helikopter hören und manchmal auch sehen, bis ich hinter Sässli an eine Wegkreuzung gelange, an der mich ein Hinweisschild über die Sperrung des vor mir liegenden Batöniwegs wegen eines Erdrutsches informiert. Mir wird empfohlen, den talwärts führenden Umweg zu nehmen, ein Blick auf mein Handy zeigt mir, dass dies ein paar zusätzliche Höhenmeter bedeuten würde. Darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an und so gehe ich den ausgeschilderten Umweg.
Die Umleitung ist relativ kurz und so gelange ich schließlich wieder auf den Batöniweg und sehe schon bald in der Ferne einen Trupp von Arbeitern in Warnwesten, die an den Fundamenten einer Brücke über den Gufelbach arbeiten. Immer wieder kommt der Helikopter und jetzt ist auch zu sehen, wie er Baumaterial bei den Brückenarbeitern absetzt. Als ich mich der Szenerie nähere beschließe ich, dass ich die Arbeiten nicht unnötig stören möchte und suche mir eine Stelle etwa 200 Meter unterhalb der Brücke aus, an der ich den Gufelbach, der tatsächlich nur wenig Wasser führt, problemlos überqueren kann. Auf der anderen Bachseite kann ich nun an den Brückenarbeitern vorbeiwandern Richtung Batöni und schon bald ist hinter mir auch das Helikoptergeräusch nicht mehr vernehmbar.
Die Wasserfall-Arena erreiche ich kurze Zeit später. Nachdem ich mich kurz vorher noch über das wenige Wasser im Gufelbach gefreut habe ist hier die als Naturspektakel und Wasser-Kraftort angepriesene Wasserfall-Arena wegen der geringen Wassermenge aktuell eher weniger spektakulär. Ich freue mich trotzdem, dass ich die gesperrten Wegstrecken gut hinter mich gebracht habe und dass hinter den Bergen nun auch die Sonne ins Tal scheint. Nachdem ich die Batöni-Hängebrücke überquert habe folgt ein steiler Serpentinenweg, der zur Alp Valtüsch führt. Es geht weiter aufwärts, etwas flacher nun über Alpweiden zur Alp Säss, dann folgt ein nochmals steiler Anstieg zum Heidelpass auf 2.387 m. ü. M. Der größte Teil des Anstiegs für heute ist geschafft, aber noch liegen etwa 3 Stunden Wanderung zur Sardonahütte vor mir. Ich genieße erst mal den Ausblick vom Heidelpass auf die Glarner Hauptüberschiebung zwischen Ringelspitz und der Sardona-Segnes-Gruppe und mache mich dann wieder auf den Weg.
Nach einem kurzen Abstieg erreiche ich das Plattenseeli. Neugierig beobachtet mich eine Kuhherde am See, wie ich an ihnen vorbeiwandere. Menschen sind hier erneut weit und breit nicht zu sehen. Über Alpwiesen geht es auf einem Höhenweg zur Vordere Chrazeri unterhalb des Heubützlipasses, den ich morgen passieren werde. Das letzte Teilstück von hier zur Sardonahütte muss ich morgen Vormittag wieder zurücklaufen, um dann von hier über den Heubützlipass ins Muotathal zu gelangen. Heute führt mich mein Weg weiter nach Südwesten über zahlreiche Berg- und Gletscherbäche, den Piz Sardona rechts von mir, das Calfeisental mit dem Gigerwaldsee in östlicher Richtung links von mir. Die Sardonahütte habe ich schon an der Vordere Chrazeri erspäht, aber der Weg dorthin zieht sich. Schließlich komme ich doch immer näher, ein letzter kurzer Anstieg und dann habe ich mein Etappenziel erreicht. Ich beziehe meinen Schlafplatz im Lager und begebe mich dann auf die Terrasse mit einem Stück Kuchen und einer heißen Ovo. Der Blick ins Calfeisental ist wunderschön, so kann der Nachmittag gemütlich ausklingen. Zum Abendessen wird Gulasch mit Kartoffelbrei und grünen Bohnen für alle Hüttengäste gemeinsam in großen Töpfen an zwei Tischen serviert. Erneut sind nur Schweizer anwesend, es scheint tatsächlich so, dass die Region vom internationalen Tourismus eher unberührt ist und ich fühle mich fast schon ein wenig exotisch als ich erkläre wo ich herkomme und welche Tour ich geplant habe. Auch heute gehe ich wieder früh ins Bett, die vielen Höhenmeter und die Bergluft machen müde und morgen früh geht’s nochmal weiter, zurück über den Heubützlipass und dann hinunter nach Elm im Sernftal mit über 2.000 Höhenmeter Abstieg.