Die Nacht im Massenlager der Murgseehütte war erstaunlich ruhig, dennoch schäle ich mich schon früh aus meinem Schlafsack. Katzenwäsche bei kaltem Wasser im Bad, duschen wird überbewertet – sind aber auch gar keine Duschen vorhanden. Frühstücken ist am frühen Morgen ebenfalls noch nicht so mein Ding, aber es gibt Marschverpflegung mit belegten Broten, einem Apfel und einem Schokoriegel. Trinkwasser ist hier ebenfalls Mangelware, das Wasser sollte abgekocht sein und so stellt der Hüttenwirt bei Bedarf einen Marschtee zur Verfügung. Ich fülle meine Trinkflasche und breche auf und sofort umgibt mich wieder die Ruhe und Einsamkeit der Berge im Geopark Sardona. Ich laufe zunächst am Oberen Murgsee entlang, dann in einem kurzen Aufstieg zum Widersteinfurgglen, der ersten Anhöhe des Tages auf 2.019 m. ü. M. Hier überschreite ich erneut die Kantonsgrenze und komme vom Kanton St. Gallen wieder nach Glarus.

Der nächste Wegabschnitt führt mich auf einem Höhenweg mit schönem Blick auf die Glarner und Bündner Gipfelwelt. Bei der Wanderung über grasbewachsene Sonnenhänge ins Mülibachtal begegnet mir ein einheimische Wanderkollege, begrüßt mich kurz, lässt dann seinen Blick über die Berggipfel im Süden schweifen und sagt anschließend voller Stolz nur ein einziges Wort: „Glarnerland“. Die Aussicht in die Bergregion, die sich uns hier bei schönstem Wanderwetter eröffnet gibt tatsächlich allen Anlass zu Stolz und Freude und so genießen wir beide noch kurz die Aussicht und gehen dann unserer Wege. Mein Weg führt mich leicht abwärts bis zur Skihütte Mülibach. Von hier aus geht es zunächst wieder in sanftem Anstieg aufwärts auf einem Alpweg zu den Hütten von Mülibach Oberstafel.

Vor dem nächsten Wegabschnitt lege ich noch mal eine kurze Pause ein, denn jetzt wird es nochmal richtig anstrengend. Es geht zunehmend steiler aufwärts auf einem Bergweg zwischen dem markanten Magerrain im Norden und dem Gipsgrat im Süden. In Serpentinen führt der Weg zum höchsten Punkt der Tagestour, dem Wissmeilenpass auf 2.420 m.ü.M, der erneut die Kantonsgrenze zwischen Glarus und St. Gallen bildet. Unter mir ist bereits die auf dem Mad-Plateau gelegene Spitzmeilenhütte zu erkennen, vor mir ragt der namensgebende markante Gipfelstock des Spitzmeilen als Felszahn aus den darunter liegenden Hängen und rechts von mir ist der Gipfel des Wissmeilen gelegen. Mein Weg führt mich über die Grenze erneut in den Kanton St. Gallen und nach einem 45minütigen Abstieg vorbei am Madseeli erreiche ich die Spitzmeilenhütte SAC.

Das heutige Tagesziel ist ein wenig komfortabler aber auch ein wenig voller als die Murgseehütte, von der ich am Vormittag gestartet bin. Viele Tagestouristen sind über den kurzen Weg vom Maschgenkamm am Flumserberg herübergewandert und genießen das Bergpanorama mit Blick zu den Churfirsten und der Alvier-Gruppe. Ich geselle mich dazu und stille erst mal meinen Durst auf der Terrasse bevor ich meinen Rucksack ins Achtbettzimmer bringe und meinen Schlafplatz vorbereite. Anschließend beginnt das Verwöhnprogramm: man kann für ein paar Franken eine Duschmarke erwerben, mit der man dann 2 Minuten lang warm duschen kann. Ich genieße den puren Luxus über die kompletten 180 Sekunden bevor ich mich gepflegt, erholt und umgezogen zum Abendessen begebe. Heute gibt es das urtypische Schweizer Sennergericht „Älplermagronen mit Cervelat und Apfelmus“. Die Hütte ist voll bis auf den letzten Platz wobei mir auffällt, dass sich hier fast ausschließlich Schweizer Gäste aus der Region befinden. Ich sitze mit einem netten jungen Paar aus St. Gallen am Tisch, die am heutigen Vormittag ihre Kinder bei der Oma abgegeben haben um ihren Hochzeitstag nach einer Wanderung vom Maschgenkamm kommend auf der Spitzmeilenhütte feiern. Nach dem Essen spielen wir noch ein wenig und unterhalten uns, dann ruft auch schon mein vorbereitetes Nachtlager im ersten Stock der Hütte.